Bozen (stu) - Luftreinhaltepolitik sei gleichzeitig
Verkehrs- und Gesundheitspolitik: Diese Gleichung stellte der Schweizer
Wissenschaftler Nino Künzli gestern bei der Präsentation der Studie
über den Zusammenhang von Luftverschmutzung und Gesundheit in Südtirol
auf. Landesrat Michl Laimer hofft, dass diese Studie die Südtiroler
"wachrüttelt".
Wie gestern ausführlich angekündigt, führte
Künzli aus, wie viel Erkrankungen und Todesfälle pro Jahr der
Luftverschmutzung zuzuschreiben sind (siehe Berichte und Grafiken in der
gestrigen Ausgabe).
Die Luftverschmutzung sei einer von vielen
krankmachenden Faktoren, führte Nino Künzli (im Bild) aus. Weil es sich
dabei aber um Einflüsse handelt, die das ganze Leben wirksam bleiben,
sprach er von "kumulativer Langzeitwirkung". Eine Studie in der
Schweiz habe ergeben, dass die Lungenfunktion direkt von der mittleren
Schadstoffbelastung am Wohnort zusammenhänge: Sie sei umso schlechter, je
höher die Belastung sei. Je höher die Schadstoffbelastung sei, desto
früher sterben die Menschen.
120 bis 200 Todesfälle in Südtirol seien der
jährlich der Luftverschmutzung anzurechnen, so Künzli. Gleichzeitig
warf er die Frage auf, ob das viel oder wenig sei. Sicherlich seien die
Todesfälle, die dem Rauchen zuzuschreiben seien, drei- bis viermal
höher, so Künzli. Allerdings könne man sagen, dass die
Luftverschmutzung einen Verlust der Lebenserwartung um etwa 0,5 Jahre
verursache.
Für den Einzelnen stelle die Luftverschmutzung ein
geringes Risiko dar, aber weil alle Menschen lebenslänglich dieser
Belastung ausgesetzt sind, falle der Gesamtschaden für die Bevölkerung
relativ hoch aus, so Künzli. Wesentlich sei auch, dass ein großer Teil
der Luftverschmutzung dem Verkehr zuzuschreiben sei - und gerade die daher
rührenden Schadstoffe die problematischsten seien. Hier sei vor allem die
Technik gefordert.
Landesrat Michl Laimer (im Bild), der gestern bei
der Präsentation der Studie anwesend war, begrüßte es, dass endlich
Zahlen über die Folgen der Luftverschmutzung vorliegen. 300 Milliarden
Lire würden in Südtirol pro Jahr für Energiesparmaßnahmen und
Ähnliches ausgegeben, und auch bei der Bekämpfung des Hausbrandes sei
man auf einem guten Punkt. Aber Tatsache sei eben, dass zwei Drittel der
Luftschadstoffe dem Verkehr zuzuschreiben sind. "Da müssen wir
Lösungsmodelle ausarbeiten", so Laimer. Im Personennahverkehr
brauche es moderne, benutzerfreundliche Strukturen.
"Die Verkehrsrevolution beginnt im
Kopf."
Landesrat Michl
Laimer
Eine weitere Möglichkeit hin zu
umweltfreundlicherem Verkehr sieht Laimer in einer Umrüstung von Benzin-
und Dieselfahrzeugen auf Gas. Damit könnten bestimmte Schadstoffe um zwei
Drittel reduziert werden, und Gas sei zudem billiger.
Laimer hofft, dass Künzlis Studie die Südtiroler
wachrütteln möge. "Umweltschutz liegt nicht beim Land, sondern bei
jedem Einzelnen von uns", so Laimer.