Von Magdalena Fritsche
Gedankensplitter
zur menschlichen Kommunikation
Wie kann ich schreibend mit Ihnen liebe
Leserin, lieber Leser kommunizieren? Ich spreche Sie direkt an und teile
mit Ihnen, was mir zu diesem Thema einfällt. Über Kommunikation
zu schreiben, käme mir vor, als wollte ich - auf nicht gestellte
Fragen - antworten. Was nützen angesammelte Antworten über Kommunikation?
Verstehen Sie die Schüler/innen, Kolleg(en)/innen oder sich Selbst
im konkreten Alltag deswegen besser? Trägt noch mehr Wissen zu lebendigem
Miteinander bei? Aus meiner Erfahrung, verschwindend wenig, es sei denn,
Sie erweitern es mitten in Ihr konkretes Leben hinein.

Den Pausen genauso viel Raum geben wie der Bewegung
Trotz
den Bergen von Literatur zu "Kommunikation" erlebe ich - im
direkten Austausch - viel Verwirrung. Verwirrung wird u. a. durch den
unhinterfragten Glauben erschaffen, wir wüssten, was richtig ist.
Jeder hält etwas anderes für richtig, nicht? Zusätzlich,
mit der weit verbreiteten Religion: wir würden "Kommunikation"
machen, vervielfältigt sich die Verwirrung. Wir sind Kommunikation.
Wie könnten wir etwas machen, was wir schon sind? Der wahre Schatz
der Kommunikation liegt für mich im Zuhören verborgen, im Wahrnehmen,
dessen, was schon ist. Unsere Macht und unseren Einfluss sehe ich darin:
wie wir zuhören, was wir (für) wahr nehmen und wem wir glauben.
Wie hören wir zu?
"Ein Mann will ein
Bild aufhängen. Den Nagel hat er, nicht aber den Hammer. Der Nachbar
hat einen. Also beschließt unser Mann, hinüberzugehen und
ihn auszuborgen. Doch da kommt ihm ein Zweifel: Was, wenn der Nachbar
mir den Hammer nicht leihen will? Gestern schon grüßte er
mich nur so flüchtig. .... Aber vielleicht war die Eile nur vorgeschützt,
und er hat etwas gegen mich. Und was? Ich habe ihm nichts angetan; ...
Und dann bildet er sich noch ein, ich sei auf ihn angewiesen. Bloß
weil er einen Hammer hat. Jetzt reicht´s mir wirklich. -Und so
stürmt er hinüber, läutet, der Nachbar öffnet, doch
noch bevor er "Guten Tag" sagen kann, schreit ihn unser Mann
an: "Behalten Sie sich Ihren Hammer, Sie Rüpel!""
(aus: Paul Watzlawick, Anleitung
zum Unglücklichsein)
Was hat diese Geschichte
mit Ihren Hörgewohnheiten zu tun?
Wenn Sie denken,
der Mann aus der Geschichte könnte Ihr Vater, die Kollegin, oder
das Kind aus der 4. Klasse sein, dann könnte es sein, dass Sie dazu
neigen, das Gehörte dazu zu verwenden, Recht haben zu wollen (vor
allem in der Beurteilung anderen Menschen gegenüber). Würden
Sie gerne mit jemandem kommunizieren, der glaubt, er wüsste schon
alles von Ihnen?
Wenn Sie sich schlecht
und schuldig fühlen, weil Sie das sein könnten, dann könnte
es sein, dass Sie das Gehörte als Bestätigung benutzen, diesmal,
um Ihre eigene Schlechtigkeit zu rechtfertigen. Würde es Ihnen Spaß
machen, mit jemandem zu kommunizieren, der glaubt, er könne die Schuld
der Welt auf seinem Rücken tragen?

... wir sind Flüsse, die in den Ozean, aus
dem wir kommen, wieder zurückfließen...
Wer wären wir ohne unsere Geschichten?
Mein größter
Wunsch ist es, frei zu sein. Das heißt z.B., mit dem "Recht
haben wollen" aufzuhören. Das ist nicht leicht für meinen
geschäftigen Verstand und meine kleine Geschichte. Ich liebe Geschichten.
Sie auch? Erzählen wir sie deshalb wieder und wieder, je dramatischer
umso öfter? So lange, bis sie uns selbst und andere langweilen, ...
es jedenfalls so aussieht, als würde niemand zuhören wollen.
Das ist bitter. Zum Trost gibt es Stoff für neue Geschichten. Was
wäre "Kommunikation" ohne unsere Geschichten?
Vielleicht gäbe es dann RedeLücken in denen sich (endlich) auch
Unsicherheit und Nacktheit zeigen dürfte. Wie aufregend und menschenwürdig!
Haben Sie aus dem
bisher Gelesenen schon etwas Brauchbares entnehmen können, etwas,
das Sie direkt weiterverwenden könnten? Nein? Sehr gut, denn ich
spreche ausschließlich zu Ihnen. Wenn Sie das Geschriebene aufregt,
zum Schmunzeln bringt, berührt, ... habe ich Sie erreicht. Das freut
mich.
Denn - Kommunizieren - ist das Einzige, was wir zum gegenseitigen Verstehen
beitragen können. Paradox?
Wenn ich vorher
schrieb, "Kommunikation ist", meinte ich damit die "Verbundenheit",
jetzt spreche ich davon, das zu zeigen, was wir wirklich spüren und
denken. Das ist so selten wie Weihnachten, weil so einfach? Oder: weil
wir während wir kommunizieren - so damit beschäftigt sind, möglichst
unauffällig zu bekommen, was wir wollen, und dem zu entkommen, was
wir nicht wollen? Das ist so Brauch.
Wenn Sie nicht zuhören
wollen, steigen Sie einfach aus, aus der Kommunikation. Geben Sie sich
Kommentaren zu meinem Text, dieser Zeitung, der Schule oder der Welt im
Allgemeinen hin. Was Freude macht, ist vollkommen. Das kann jeder sagen!
Wenn das alle täten, hätten wir ein Leben voller Freude. Wer
würde dann noch leiden? Und woher käme der Stoff für schreckliche
Geschichten, die vielleicht niemanden interessieren?
Reden mit sich selbst
Genau genommen,
rede ich von und mit mir selbst. Und das ist gut so. Mit wem könnte
ich auch reden? Ich habe - außerhalb von mir - niemanden gefunden.
Daher kann "niemand" besser oder schlechter sein. Alles ist
das EINE, das sich in unterschiedlichen Formen zeigt. Diese kommunizieren,
forschen, spielen und streiten miteinander - im kosmischen Tanz des Lebens.
Welch eine Befreiung!
Das Unausgesprochene im Hintergrund
Gerade im heiligen
Land Österreich (Südtirol zähle ich einfach dazu) erlebe
ich oft eine Vorderbühne: das Ausgesprochene und eine Hinterbühne:
das " rundherum Gedachte".
Der einfache (eher gedachte) Satz: " Du dumme Gans!" beinhaltet
mindestens vier Annahmen im Hintergrund: erstens gibt es ein Ich, zweitens
ein Du, drittens wird geglaubt, dass Gänse dumm sind, und viertens,
ist einer dümmer als der andere. (Drei mal dürfen Sie raten
wer)
Ist sie nicht wunderbar
komplex, die Kommunikation? Und wir Menschlein glauben, wir wüssten,
wovon wir reden! Sobald ich bereit bin, den Glauben "Ich würde
es wissen" aufzugeben, beginne ich wieder (einfache) Fragen zu stellen:
Ist das wahr? oder: "Kannst du mir einen Hammer leihen?"
Magdalena Fritsche studierte Pädagogik, um der
Annahme, "sie sei dumm", zu entkommen. Durch die integrale Tanz-
und Ausdruckstherapie entdeckte sie ihre Liebe zum Tanz wieder. Sie lebt
als freischaffende Tanztherapeutin in Wien.
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